Das Educational Larp ist der Versuch, die Vermittlung von Unterrichts-Inhalten und Kompetenzen mittels Liverollenspiel zu bewerkstelligen. Das Medium Larp wird dabei im räumlichen Umfeld der Schule, oder im Zuge eines Projektunterrichts von der Schule abgekoppelt, und in Zusammenarbeit mit oder gänzlich von den Lehrkräften, die generell für den Unterricht verantwortlich sind, eingesetzt.

Bereits in den 1970ern und 1980ern kam in Nordeuropa große Begeisterung für das Medium Rollenspiel als Unterrichtsmethode auf. Mit steigender Popularität stieg das Angebot an den Schulen drastisch, während wissenschaftliche Forschung hinsichtlich der Frage der nachhaltigen Wirksamkeit dieser Unterrichtstechnik weit hinterherhinkte. Die Begeisterung erfuhr einen großen Rückschlag, als die ersten Validitäts-Studien der allgemein bekannten mündlichen Propaganda der Unterrichtserfolge widersprachen. Nach und nach ebbte der exzessive Einsatz der Methode ab. Nichtsdestotrotz finden Rollenspiele bis heute Eingang in den Unterricht und gelten als hilfreiche Abwechslung zu herkömmlichen Unterrichtsmethoden.

Erst im letzten Jahrzehnt ist Liverollenspiel als besondere Form des Rollenspiels wieder in den Fokus der Wissensvermittlung gerückt. Die Osterskov Efterskole in Dänemark hat sich sogar gänzlich der Wissensvermittlung über Liverollenspiel verschrieben. Die Efterskole (übersetzt Nachschulen) sind eine weltweit einzigartige dänische Institution, die es 14–18jährigen erlaubt, 1–3 Jahre ihrer Schulausbildung mit einem speziellen Ausbildungsfokus auf z. B. eine Sportart, Musik, oder Tanz zu absolvieren. An der Osterskov Efterskole, die wie alle Efterskoles die dänischen Standards hinsichtlich des Unterrichtsinhaltes und der Abschlussprüfungen zu erfüllen hat, ist dieser Schwerpunkt Rollenspiel.

Es ist also davon auszugehen, dass Liverollenspiel als Unterrichtsmethode geeignet ist, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Die erste und vielleicht wichtigste dieser Voraussetzungen scheint eine intensive Auseinandersetzung der OrganisatorInnen mit den zu vermittelnden Zielen und Inhalten des Spiels/des Unterrichts zu sein. Einige Positionen lassen darauf schließen, dass die Vermittlung von Fakten nicht im Mittelpunkt einer solchen Unterrichtsmethode stehen können, was dem Konzept des kompetenzorientierten Lernens entgegenkommt.

Eine intensive thematische und spielerische Vorbereitung, vor allem aber eine intensive und reflexive Nachbereitung sind also offensichtlich essentiell, wenn nicht ausschlaggebend, für den Lernerfolg der Teilnehmenden. Das größte Potential des Liverollenspiels im Unterricht scheint im sozialen und sozialkritischen Bereich zu liegen. Die Einnahme einer Rolle und die damit verbundene Beschäftigung mit fremden Perspektiven bietet, so eine entsprechende Verbindung zur eigenen Realität dauerhaft aufgebaut werden kann, großes Potential im Hinblick auf die Entwicklung von Empathie und Reflexionsfähigkeit der Teilnehmenden.

Text: Alexander Neubauer